Alltagsethik

Die 7 digitalen Todsünden

Seit einiger Zeit wird das Titelbild dieses Artikels auf unterschiedlichen Social Media Plattformen geteilt. Auch wenn einem vielleicht die ein oder andere Assoziation zwischen einer Todsünde mit einer entsprechenden Online oder Social Media Plattform zu übertrieben erscheint, so steckt in diesem Bild doch viel Wahrheit.

Auch bei diesem Beitrag wollen wir, wie schon bei dem Artikel „Neues aus der Glückforschung. Glück, das nicht langweilig wird.“, kurz zu dem Thema Digitalisierung einen Impulsbeitrag voranstellen und dann im anschließenden Umfrage-Teil Ihre Meinung zu dem Thema erfahren. Dort können Sie Ihre Meinung dann auch wieder mit den Meinungen anderer vergleichen.

1) Impulsbeitrag

Worauf das Titelbild hinweisen will, ist natürlich nicht, dass eine Nutzung der erwähnten Online-Plattformen einer Todsünde in ihrem eigentlichen Sinne entsprechen würde[1], sondern es geht natürlich vielmehr um einen sehr anschaulichen Hinweis auf die möglichen Auswirkungen der Nutzung dieser Plattformen auf unser psychisches Gleichgewicht. Trägheit, Völlerei, Neid, Zorn, Habgier, Wollust und Hochmut stellen alles psychische Ungleichgewichte dar, die uns in der ein oder anderen Weise schaden können, wenn sie Teil unseres täglichen Denkens oder sogar Handelns werden.

Warum können aber gerade Online-Portale und -Plattformen unsere Psyche so leicht und nachhaltig negativ beeinflussen und ins Ungleichgewicht stürzen lassen?

Sozialvergleich

Ein Grund ist, dass man sich „sozial“ mit anderen vergleicht. Auf Plattformen wie Instagram, Facebook, LinkedIn, XING, etc. ist es unmöglich sich nicht mit anderen zu vergleichen. Das ist Teil ihrer „Genetik“. Wenn man aber ständig vor Augen geführt bekommt, was für tolle Bilder andere posten – vom Urlaub auf Barbados, von ihrem makellosen Körper, von ihrem neuen tollen Job, den sie gerade anfangen, von ihrem coolen Fallschirmsprung, etc. dann kann das Neid und/oder Selbstzweifel auslösen oder auch zu einer verzerrten Selbstwahrnehmung führen – in dem man sich diesen anderen gegenüber als minderwertig ansieht, da man ja offensichtlich nicht so „toll“ ist. Dabei wird dann übersehen, dass das was auf diesen Plattformen dargestellt und preisgegeben wird nur gefiltert ist und allzu oft überhaupt nicht der Realität entspricht. Jeder stellt sich dort in seiner, nach seinen Denkmaßstäben, maximal besten Weise dar, oder übertreibt, oder lügt sogar.

Reizüberflutung

Man kann seine Aufnahmefähigkeit nicht unendlich ausdehnen. Das Gehirn benötigt Ruhephasen. Hänge ich ständig in Online-Videokanälen, die einen Clip nach dem anderen wiedergeben, kann ich gar nicht mehr abschalten, um mich zu erholen. Ein audiovisueller YouTube Reiz folgt auf den nächsten, ein Netflix Video nach dem anderen wird „binchgewatcht“. Dabei lässt man sich so derart von dem Gesehenen und Gehörten aufsaugen, dass man anfängt den Bezug zur Realität zu verlieren, was enorme Auswirkungen auf meine Leistungsfähigkeit und auch auf meine echten sozialen Kontakte haben kann. Eine Studie der Universität Wien zeigt etwa: Vor allem die Fülle audiovisueller Reize, die Internet-Videokanäle bieten, kann das Gehirn überfordern.

Likes, Likes, Likes

Mit jedem Like, dass wir für unsere Twitter, Tinder, LinkedIn, XING, Facebook, Instagram, etc. Posts bekommen, schüttet unser Gehirn Glückshormone aus. Das kann einen leicht süchtig nach Likes machen. Wer wird nicht gerne „geliked“? Eine Gefahr ist hier, dass man sich immer mehr in den sozialen Medien aufhält und sein analoges Leben immer mehr verlässt, vor allem dann, wenn man im Letzteren wenige alternative Quellen, also positive soziale Kontakte, für positive Anerkennung hat.

Going down the Rabbit Hole

Was ist damit gemeint? Testen Sie es selbst (oder besser nicht!): fangen Sie an auf Facebook Beiträge zu „liken“, die auf bestimmte Interessen schließen lassen und Sie werden mit jedem solcher Likes weitere Posts zum Lesen angeboten bekommen, die eben diesen offenbaren Interessen entsprechen. Allerspätestens seit der Facebook Whistleblowerin Frances Haugen ist es kein Geheimnis mehr, dass Social Media Plattformen sog. Algorithmen verwenden, die genau analysieren was Sie auf deren Plattformen mögen – denn was Sie mögen, interessiert Sie und was Sie interessiert lässt Sie länger auf einer gewissen Seite in den sozialen Medien verweilen und ähnliche Beiträge konsumieren. So kann man in sich leicht ein völliges Zerrbild der Realität entwickeln, da man nur noch unter vermeintlich Gleichgesinnten kommuniziert – andere Meinungen zu einem Thema von Interesse kommen ja nicht mehr vor, da von dem Algorithmus herausgefiltert. So kann man immer tiefer in eine surreale Welt der Verschwörungstheorien hineingesogen werden, dem Rabbit Hole. Es ist offensichtlich, dass gerade leichtgläubige Menschen, Kinder und Jugendliche von dieser Gefahr ganz besonders schwer betroffen sind.

2) Umfrage-Teil

So, jetzt sind aber Sie an der Reihe. Was denken Sie ist die beste Methode, um für sich selbst eine gesunde Nutzung von Online oder Social Media Plattformen zu erreichen?
48 votes
AbstimmenErgebnisse

Finden Sie sich bei den Antworten nicht wieder? Dann schreiben Sie uns per Email an info@ethica-rationalis.org oder nutzen Sie unser Kontaktformular.

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[1] Todsünden stehen eigentlich in engem Zusammenhang mit der katholischen Kirche, die Todsünden als Sünden bezeichnet, die besonders schwerwiegend sind und durch die der Mensch seine Beziehung zu Gott aus eigenem, bewusstem Willen aufgibt

Autoren: Das Ethica Rationalis Redaktionsteam