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„Mut zum Handeln! Wie Ethik und Wirtschaft zusammengehen“ am 16. Juli 2012 von Prof. Dr. Claus Hipp

Um zu verdeutlichen, wie theoretische Ansätze in praktisches unternehmerisches Handeln einfließen, hatte die Hochschule München Herrn Prof. Dr. Claus Hipp im Rahmen des Seminars „Führen mit Werten“ zu einem Gastvortrag eingeladen.

Nach einer herzlichen Begrüßung von Frau Dr. Angela Poech, Professorin an der Hochschule München und Vorsitzende des Vorstands von Ethica Rationalis e.V., begann Claus Hipp mit einer Erinnerung aus seiner eigenen Studienzeit. Damals seien Themen wie Ethik und nachhaltiges Wirtschaften noch nicht auf so großes Interesse bei Studierenden gestoßen, wie es heute der Fall ist. Jedoch sei, ungeachtet des gesteigerten Interesses an derlei Themen, heute überall ein Moral- und Werteverfall bemerkbar –  der Referent gab zu bedenken, dass nicht alles „was erlaubt ist, auch ehrbar sei“. Claus Hipp nahm Stellung zur aktuellen Situation und sprach folgende Empfehlung aus: „Auch wenn der Egoismus, unter dem das Allgemeinwohl leidet, oft in den Vordergrund tritt, sollten doch nur Geschäfte gemacht werden, die mit dem eigenen Gewissen vereinbart werden können. […] Damit du nachts noch ruhig schlafen kannst…“.

Unternehmen und die Überregulierung

Als ein großes Hindernis nimmt der Unternehmensführer von HiPP die Überregulierung in Deutschland wahr. Er fordert hier Entlastung, denn die Anzahl von Vorschriften und Gesetzen würde inzwischen unüberschaubare Ausmaße annehmen. Die Zeit, die aufgewendet werden müsse, deutscher Bürokratie nachzugehen, könnte sehr viel sinnvoller genutzt werden, etwa um wichtige Führungsaufgaben zu übernehmen. Hierzu ein Beispiel aus der Medizin: So liege etwa die durchschnittliche Arbeitszeit in einer Arztpraxis bei 52 Stunden, von denen jedoch elf Stunden nicht der Arbeit mit den Patienten dienten, sondern den bürokratischen Anforderungen.

Persönliches ethisches Verhalten

Im weiteren Verlauf des Vortrags ging der Referent auf die Verantwortung des Einzelnen ein. Hierbei verwies er auf das Modell des Schweizer Pädagogen Pestalozzi, welches besagt, dass jedem Menschen eine Dreiteilung des Seelenlebens von Natur aus zugrunde liegt: „Kopf, Herz und Hand“ oder laut Prof. Hipp: „Geist, Gemüt, Geschick“. Das bedeutet, dass wir mit den Fähigkeiten des selbstständigen Denkens, einem Gewissen und unserem Talent ausgestattet sind. Diese drei Eigenschaften müssten harmonisch im Einklang miteinander weiterentwickelt werden. Im Weiteren ging er auch auf die vier Haupttugenden nach Aristoteles ein, die ihm besonders wichtig scheinen: „Klugheit, Gerechtigkeit, Tapferkeit und Maßhaltung“. Die Entwicklung dieser Tugenden und Eigenschaften und welchen Einfluss wir sie in unserem Umfeld einnehmen lassen, liege bei jedem von uns persönlich. Nachhaltigkeit beispielsweise bedeute auch, Ressourcen zu schonen. Warum nicht mit dem Radl fahren statt das Auto zu nehmen? Warum also nicht zu Fuß die Treppe hoch statt mit dem Aufzug zu fahren? Humorvoll erzählt der Referent, dass er auf letztere Anregung hin von einer Gruppe junger Leute zur Antwort erhalten habe, sie gingen heute Abend noch in Sport, deshalb würden sie jetzt lieber den Aufzug statt der Treppe nehmen… 

Ethik und Ökonomie bei HiPP

Wie aber kommen nun Ethik und Ökonomie in einem Unternehmen zusammen? Diese Frage stelle eine große Herausforderung an jeden erfolgreichen Unternehmer dar, denn es erfordere jahrelange Bemühungen und kontinuierliche aktive Mitgestaltung durch Führungskräfte und Mitarbeiter, um einen nachhaltigen Wandel der Unternehmenskultur herbeizuführen. Das Familienunternehmen HiPP setze sich seit mehr als fünf Jahrzehnten für eine bewusste und sensible Auseinandersetzung mit den Themen Natur, Mensch und Wirtschaft ein. Claus Hipp betonte, dass die Verfolgung von langfristigen Zielen insbesondere in Familienunternehmen sehr gut umsetzbar seien, da diese keinem ständigen Führungswechsel ausgesetzt wären. Im Vergleich dazu können große Unternehmen oder Konzerne ihre Ziele nur kurzfristig auslegen.

Schon seit 1999 gebe es im Unternehmen HiPP ein Ethik-Management und seit einigen Jahren auch eine Ethik-Charta. Diese regle und begründe ausführlich das Verhalten am Markt, gegenüber den Mitarbeitern, dem Staat, der Gesellschaft sowie der Umwelt. Diese Verhaltensregeln dienten als Leitfaden für jeden Mitarbeiter, denn: „Wo viele Menschen sind, da menschelt es halt.“ Näheres dazu unter diesem Link: http://www.hipp.de/uploads/media/Ethik_Charta.pdf

Was nehme ich mit?

Da die Studierenden der Hochschule München, die an dem fünftägigen Seminar „Führen mit Werten“ teilgenommen haben, schon bald selbst vor dem Eintritt in das Berufsleben stehen, ist das Thema Unternehmenskultur für sie von besonderer Bedeutung.

Sie haben am Ende des Seminars das Gelernte aus dieser Woche zusammengetragen:

  • Jeder sollte zuerst seine eigenen Wertevorstellungen überdenken und bei sich selbst anfangen. Denn mit dem eigenen Verhalten beeinflussen wir das Verhalten anderer.
  • Aus eigener Erfahrung, welche die Studierenden aus einem 18-wöchigen Praktikum gezogen haben, wissen sie, dass die Unternehmenskultur sehr stark von den Führungskräften beeinflusst wird. Hier steht die Integrität der Führungsriege an erster Stelle. Nicht nur leere Worthülsen sind angesagt, sondern es müssen auch Taten folgen.
  • Um sich in einem Unternehmen wohl zu fühlen und sich damit identifizieren zu können, sollte vom Mitarbeiter möglichst von vornherein eine Unternehmenskultur ausgewählt werden, die zur eigenen Persönlichkeit passt. Hierbei hilft es, bei einem Unternehmensleitbild „zwischen den Zeilen zu lesen“, um einen ersten Eindruck zu erhalten.
  • Durch die eigene aktive Beteiligung sind wir in der Lage, die Unternehmenskultur mitzugestalten. Das sollte sich jeder Mitarbeiter bewusst machen. Durch Mut zum Handeln (bei Missverständnissen) oder durch das offene Zugehen auf weniger beliebte Personen (Stichwort Mobbing) kann jeder seinen eigenen Beitrag zu einer positiven Veränderung der Unternehmenskultur leisten. Denn diese ist ein sich ständig veränderbarer Prozess und entscheidet am Ende über den Erfolg oder Misserfolg eines Unternehmens.

Autor: Nelly Diesendorf