Ein ethisches DilemmaWirtschaftsethik

Fallstudie zur praktischen Ethik – Ein ‚Geschenk‘ für Kinder?

Katharina ist ratlos. Vor ihr liegt der Kontoauszug vom Juli – eingegangen sind unter anderem 50.000 € von der Baufirma Berger. Nachdenklich schaut sie aus dem Fenster. Vor fünf Jahren hatte sie KinderWelten e.V. gegründet, einen als gemeinnützig anerkannten Verein, der traumatisierten Kindern hilft, wieder in ihr Alltagsleben zurückzufinden. Vor zwei Jahren hatte sie Anne eingestellt; die Psychologin ist bei den Kindern sehr beliebt und selbst für einen Laien ist deutlich erkenntlich, wie sehr ihr therapeutischer Ansatz bei den Kindern Früchte trägt. Nun steht im September die Verlängerung ihres Vertrags für weitere zwei Jahre an, was bedeutet, dass noch 40.000 € an Spenden oder Fördermitteln aufgetrieben werden müssen.

Die Berger Bau ist in ganz Regensburg bekannt. Die Geschäftsführer hatten es geschafft, Aufträge für nahezu jedes wichtige Bauvorhaben in Regensburg und Umgebung zu ergattern. Inzwischen wusste man, dass sie den Bürgermeister mit ‚Geschenken‘ dahingehend beeinflussen konnten, dass sie in jeder Ausschreibung auf Platz eins landeten. Bei den Geschenken handelte es sich um ein vergünstigtes Vorkaufsrecht für Eigentumswohnungen. So waren beide Seiten über die Jahre reich geworden – bis ein Insider Informationen an die Presse gab. Um das ramponierte Image der Berger Bau aufzupolieren, hatten die Geschäftsführer beschlossen, eine großzügige Spende an den bei der Bevölkerung sehr beliebten Verein KinderWelten zu entrichten.

Katharina steckt in der Zwickmühle: Soll sie die Spende akzeptieren, wohl wissend, dass zumindest ein Teil des Geldes unrechtmäßig erwirtschaftet wurde? Oder sollte sie das Wohl der Kinder und die Kontinuität ihrer Betreuung durch Anne in den Vordergrund stellen?

Was meinen Sie?

  1. Die Spende ist der Versuch der Berger Bau, sich ‚reinzuwaschen‘; Katharina sollte sich durch die Spende nicht instrumentalisieren lassen.
  2. Entscheidend ist das Ergebnis: Mit der Spende kann vielen Kindern geholfen werden, daher sollte Katharina die Spende annehmen.
  3. Katharina sollte einen Hinweis über die Spende an die örtliche Presse geben.
  4. Wenn Katharina die Spende transparent macht und sich zugleich von Berger Bau distanziert, kann sie die Spende auch annehmen.
  5. Katharina kann die Spende annehmen, aber von Bedingungen abhängig machen, die bei Berger Bau zu einer Verbesserung der Unternehmenskultur beitragen.
  6. Die Spende zeigt deutlich, dass die Berger Bau bereit ist zu einer positiven Veränderung; Katharina kann die Spende also annehmen.
  7. Möglicherweise wird Katharina sich eines Tages rechtfertigen müssen, warum sie ‚schmutziges Geld‘ akzeptiert hat, daher sollte sie die Spende ablehnen.