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„Studienwoche Inklusion“ vom 5.-9. Februar 2018

Im Zeichen des Slogans „rational – universal – angewandt“ fördert Ethica Rationalis Orte des Austauschs, in denen ethische Fragestellungen im Alltag erörtert werden. Ein Fokus liegt unter anderem auf dem Thema „Praktische Ethik und der Weg zur Inklusion“. Dr. Angela Poech, Professorin an der Hochschule München, bot hierzu in Kooperation mit Ethica Rationalis eine spannende Veranstaltung an, in der die Studierenden während einer einwöchigen Blockphase „Geschäftsideen für Menschen mit Handicap“ entwickeln sollten. Ethica Rationalis lud für diese Veranstaltung nicht nur einen Spezialisten als Referenten ein, sondern ermöglichte auch zwei Exkursionen zu Unternehmen, die sich durch die Verknüpfung von wirtschaftlichem und verantwortlichem Handeln auszeichnen.

Verantwortung und unternehmerischer Erfolg – wie passt das zusammen?

Die Woche wurde eingeläutet durch einen Vortrag von Thomas Heymel. Seit 2009 ist er Leiter des Corporate Development der Münchner Stiftung Pfennigparade, eine der größten Organisationen zur Förderung von Menschen mit Körperbehinderungen. Ethica Rationalis kooperiert bereits seit mehreren Jahren mit Thomas Heymel, und wir dürfen uns glücklich schätzen, dass wir ihn erneut gewinnen konnten. Die Studierenden konnten erleben, wie ein namhafter und erfahrener Vertreter aus einem sozialen Unternehmen die spezifischen Merkmale eines Marketingansatzes für Nicht-Profit-Organisationen erläuterte und damit wertvolle Impulse gab, die die Teilnehmer im Laufe der Woche eigenständig in ihren Teams weiterentwickelten.

Am 8. Februar fuhren die Studierenden nach Ingolstadt zur JR Holding, einem Spezialisten für Personalüberlassung, 2009 gegründet von Jürgen Ragaller, Vorstand der JR Holding. Der erfolgreiche Gründer und sein Team nahmen sich für die Studierenden einen ganzen Tag Zeit und bot spannende Einblicke in seine Erfahrungen als Entrepreneur. Die Zuhörer waren von dem starken Wachstum und der Professionalität seines jungen Unternehmens fasziniert – einem Unternehmen mit flachen Hierarchien und „keinen Titeln auf den Visitenkarten“. Auch die starke Unternehmenskultur begeisterte und die Teilnehmer stellten fest, dass die Orientierung an Werten wie Respekt und Wertschätzung und die Maximierung von Gewinnen kein Widerspruch sein müssen. Vielmehr lernten die jungen Zuhörer, dass die Übernahme von Verantwortung das Erfolgsprinzip der Firma von Jürgen Ragaller ist, denn das eigentliche „Produkt ist der Mensch“ und „jeder Mitarbeiter ist ein Unternehmer“. Laut Ragaller sei das Ziel Personal auf Abruf bereitzustellen, aber dies verknüpft mit sozialer Verantwortung für die Menschen, die bei ihm angestellt sind. So werde jeder Mitarbeiter an seinem ersten Arbeitstag beim Kundenunternehmen von einem Mitarbeiter der JR Holding begleitet. Man engagiere sich besonders für die Förderung, Aus- und Weiterbildung seiner Mitarbeiter und habe bis jetzt bereits über 24.000 Menschen in Arbeit gebracht.

Nach den spannenden Einblicken in das Unternehmen gab es eine Übung zur Kultur des Unternehmens: Während der Mittagspause diskutierten die Studierenden bei Schnittchen über die „Artefakte“ der JR Holding und stellten diese anschließend vor. Mehrheitlich waren die Studierenden begeistert, dass der Mensch bei JR im Mittelpunkt steht. So kommentierte eine Studentin: „Sie haben uns Wertschätzung durch die Art und Weise gezeigt, wie wir bewirtet wurden.“ Anschließend stellten die Studierenden in einem Pitch ihre Gründungsideen vor. So stellte die Gruppe Teamclusion „den Glücksfinder, ein Facebook für Menschen mit besonderen Bedürfnissen“ vor. Eine andere Gruppe entwickelte ein Gestell, welches es Rollstuhlfahrern ermöglichen soll, mit ihrem Stuhl die Rolltreppen zu benutzen. Die Studierenden waren von der Exkursion begeistert. Das lag nicht nur an der der vorzüglichen Bewirtung, der Freundlichkeit der MitarbeiterInnen und den Werbegeschenken, sondern vor allem an der Offenheit und Ehrlichkeit von Herrn Ragaller und seiner Kollegin.

Ein Leben mit Einschränkungen – ein authentischer Einblick

Am nächsten Tag ging es in die Stiftung Pfennigparade, ein Münchner Rehabilitationszentrum für körperbehinderte Menschen. Zu Beginn hatten die Studierenden die Möglichkeit an einer Führung durch die Einrichtung teilzunehmen. Ein Mitarbeiter stellte das Projekt „Barrierefreie Website“ vor, denn die Stiftung Pfennigparade berät Unternehmen bei der barrierefreien Gestaltung ihrer Website. Zudem erhielten die Teilnehmer Einblicke in die Arbeitsplätze von Menschen mit körperlichen Einschränkungen. Besonders begeisterte Herr E., der den Computer nur mit seiner Stimme und seinem Mund steuert. Er demonstrierte, wie m an die Barrierefreiheit einer Website überprüft. Die Studierenden waren fasziniert, wie er ausschließlich mit seiner Stimme und einem Stick, welchen er mit seinem Mund steuert, sich souverän im Internet bewegte und die Homepage der Hochschule München durchklickte. Thomas Heymel nahm sich im Anschluss ausreichend für die Studierenden Zeit und gab zu den Endpräsentationen der Gründungsideen wertvolles Feedback. Anschließend wurde über die Eindrücke der Studierenden gesprochen und alle waren sich einig, dass Inklusion sehr wichtig ist und in diesem Bereich mehr für die Betroffenen getan werden müsse. Sie zeigten sich aber auch dankbar, durch den Kontakt mit Herrn Heymel überhaupt mit dem Thema Inklusion in Berührung gekommen zu sein.

Autorinnen: Angela Poech und Melissa Schulz